Meldungen aus dem Landesverband Bremen
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"Die Hoffnung stirbt zuletzt" Jugendbildungsreise vom 6. - 13. Oktober 2019

Ein Bericht von Henner Jung und Lisa-Marie Guntenhöner

Wir trafen uns am Sonntag um 17:30 Uhr am Cinemaxx, Bremen in einer buntgemischten, sich in weiten Teilen völlig einander unbekannten Gruppe von Jugendlichen und jungen Erwachsenen zwischen 14 und 26 Jahren. Wir fuhren mit einem Reisebus welcher von zwei Busfahrern gefahren wurde. Insgesamt waren wir 19 Teilnehmer. Wir kamen Montag morgens um 7:30 in der Nähe von Oscwiecien ("O-Schwänchen") an einem McDonalds an. Wir frühstückten dort und kamen an der Herberge an. Nachdem wir unsere Zimmer bezogen hatten spielten wir ein paar Namensspiele und sollten uns einen Gegenstand aussuchen welche Lars in der Mitte ausbreitete. Diese waren sehr verschieden, unter anderem waren zwei Kaleidoskope, ein Kompass, eine Lutherbibel, ein Schloss, ein Messer und ein Radiergummi dabei. Nachdem wir uns kennengelernt hatten wurde uns ein Einblick in die Geschichte und die Arbeitsweise der internationalen Jugendbegegnungsstätte Auschwitz gegeben. Die Stiftung existiert seit 1994, diese wurde von Aktion Sühnezeichen Friedensdienste in Berlin und der Stadtgemeinde Oświecim unterstützt, um die Geschichte des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz für internationale Gruppen darzustellen.

Am späten Nachmittag machten wir uns auf nach Oscwieçim. Wir gingen an einem alten Haus vorbei auf einen Hügel, und überquerten eine Brücke über den Sola Fluss. Auf der anderen Uferseite fanden wir bereits die Altstadt von Oscwieçim vor. Wir gingen auf die Burg und uns wurde etwas über die Geschichte erzählt: Im späten 13. Jahrhundert wurde die Stadt erstmalig urkundlich erwähnt, und 1348 dem Heiligen Römischen Reich eingegliedert. 1655 kamen schwedische Truppen und zerstörten die Stadt. Wir gingen am Sola Ufer entlang bis wir an eine Franziskaner Kirche kamen, welches ebenfalls auf eine lange Geschichte zurückblicken kann. Von dort aus gingen wir auf den Marktplatz, auf welchem Kunstwerke zur Shoah stehen und welche für Toleranz und Frieden werben. Im Anschluss besuchten wir eine jüdische Synagoge, dessen Interieur im Zweiten Weltkrieg fast vollständig zerstört wurde. Ein FSJler erklärte uns ausführlich die Bräuche im Judentum und erzählte uns etwas zur Geschichte der Synagoge und dem jüdischen Leben in Oscwieçim. Wir schauten uns noch etwas im Museumsteil an und gingen in Kleingruppen langsam zurück in die Herberge um Abendbrot zu essen. Wir besprachen den Tag, und man war sich einig dass die Gruppe sehr entspannt und umgänglich ist, obwohl sich kaum jemand kannte. Und die meisten waren um kurz nach 20 Uhr im Bett, da viele die vorherige Nacht aufgrund der Busfahrt kaum oder gar nicht geschlafen haben.

Am Dienstag haben wir das KL Auschwitz I (Stammlager) in Form einer 4-stündigen Führung besichtigt. Unser Guide hat uns unter anderem durch eine Ausstellung geführt, in der Sachen ausgestellt waren, die die ehemaligen Häftlinge mit nach Auschwitz gebracht hatten und die ihnen von der SS weggenommen wurden. Darunter waren unter anderem Koffer, Schuhe, Bürsten und Kämme, aber auch Brillen und ihr Kleidung. Besonders hat uns aber getroffen, dass unter den Schuhen auch viele Kinderschuhe waren.

Außerdem haben wir uns eine Ausstellung angesehen, in der es um die Ankunft der Menschen in Auschwitz und um die angeblichen Haftgründe ging. In den meisten Fällen war dies einfach nur ihre Religion.

Zwischen den Blöcken 10(in dem medizinische Versuche an den Häftlingen durchgeführt wurden) und 11(das Lagergefängnis) gab es einen Innenhof. An einer der Mauern stand eine schwarze Wand aus Holz, davor wurden viele Kerzen und Kränze niedergelegt. Dies war die sogenannte Todeswand, an der Hinrichtungen in Form von Erschießungen stattfanden.

Danach sahen wir uns die Ausstellung Shoah an, die sich mit Jüdischem Leben vor, während und nach dem zweiten Weltkrieg beschäftigt. Am Ende dieser Ausstellung befand sich ein Raum, in dessen Mitte sich ein großes Buch befand. In diesem Buch standen etwa 4 Millionen Namen von Juden, die im zweiten Weltkrieg von den Nationalsozialisten ermordet wurden. Dieses Buch hat uns besonders erschüttert, da es uns eine Vorstellung von dieser großen Zahl gegeben hat.

Anschließend haben wir uns die Gaskammer und das Krematorium 1 angesehen, ein Gebäude, das ab 1944 nicht mehr als Krematorium genutzt wurde, sondern als Luftschutzbunker für die SS.

Nach der Führung ging es für uns wieder zurück in die Jugendbegegnungsstätte zum Mittagessen.

Nachmittags gingen einige von uns nochmal zurück zum KL Auschwitz I, um manche Dinge nachzuarbeiten und sich Dinge anzusehen, die wir während der Führung noch nicht genau oder gar nicht gesehen hatten.

Abends trafen wir uns nochmal als Gruppe, redeten über den Tag und besprachen, was am nächsten Tag passieren würde.

Am Mittwoch hatten wir eine ebenfalls 4-stündige Führung durch das KL Auschwitz II, Auschwitz-Birkenau. Hier gingen wir zuerst auf den Wachturm am Eingang. Von dort wurde die Größe des Geländes (140 ha) deutlich und unser Guide erzählte uns etwas zur Aufteilung des Lagers und die Selektionen, bei denen eine Handbewegung der SS über Leben und Tod eines Gefangenen entschied. Wir sahen uns die Holzbaracken im Bauabschnitt BII an, in denen teilweise bis zu 800 Gefangene untergebracht waren, und die gemauerten Baracken im Bauabschnitt BI. Die „Betten“ waren ursprünglich für 15 Personen gedacht, teilweise mussten sich aber auch 30-40 Menschen so ein „Bett“ teilen.

Auf der Rampe, dem Ort, an dem die Selektionen stattfanden, stand ein Wagon, der den Wagons, mit denen die Häftlinge nach Auschwitz transportiert wurden, sehr ähnlich war. Anschließend liefen wir zum Mahnmal und zur Ruine von einem der Krematorien, das während einem Aufstand der Häftlinge des Sonderkommandos (diejenigen Häftlinge, die in den Krematorien arbeiten mussten) gesprengt wurde.

Dann sahen wir uns die Sauna an, das Gebäude, in dem die Häftlinge nach ihrer Ankunft ihre persönlichen Gegenstände abgeben mussten, in dem ihre Haare abrasiert wurden, in dem sie desinfiziert wurden und in dem sie die gestreifte Häftlingskleidung bekamen. Anschließend sind wir wieder zurück zum Eingangstor gelaufen, wo einige von uns noch in den zugehörigen Buchladen gegangen sind.

Nach dem Mittagessen in der Begegnungsstätte hatten wir etwas Freizeit, bis wir an einem Zeitzeugengespräch mit Anna Szałaśna teilnehmen durften. Sie kam mit 13 Jahren nach Auschwitz und bekam aufgrund einer Amputation die sog. Schonungskarte, wegen der sie nicht mehr an Apellen teilnehmen muss. Sie erzählte uns ihre Geschichte, anschließend wurden noch ein oder zwei Fragen gestellt.

An diesem Abend trafen wir uns nochmal als Gruppe und sprachen über den Tag.

Am Donnerstag fuhren wir nach Krakau. Wir machten eine umfangreiche Stadtführung und erkundeten danach für den restlichen Tag die Stadt. Unterm Strich ist Krakau eine schöne, abwechslungsreiche Großstadt.

Vorletzter Tag

Am Freitag besuchten wir nach dem Frühstück Auschwitz-III-Monowitz. Auf dem Gelände ist heutzutage eine große Fabrik. Dort waren jedoch auch noch alte Schornsteine aus der Zeit zu sehen, sowie Gedenktafeln für die Opfer von Auschwitz. Am Nachmittag kauften wir für die Rückfahrt ein und abends saßen wir ein letztes Mal beieinander und zocken ein Resümee. Die Allgemeinheit war sehr zufrieden mit der Fahrt, den Führungen und der Herberge. Auch der Anschlag auf die jüdische Synagoge beschäftigte uns in jenen Tagen- wir waren nun am Ort des größten anti-semitischen Verbrechens gewesen und dennoch gibt es 75 Jahre später immer noch Hass auf Menschen nur weil diese eine andere Religion oder Herkunft haben.

Wir waren uns einig dass es sehr wichtig war in der Gedenkstätte Auschwitz gewesen zu sein und dass sich so etwas nie wieder wiederholen darf. Zum Abschluss hörten wir das Lied "Es ist an der Zeit" von Hannes Wader, welches die deutsche Version von "No man's land" ist, einer Friedenshymne aus den 1970ern. Wir fuhren zurück nach Bremen, doch diese Fahrt, die Gruppe, die Menschen die wir trafen und unsere Gedanken zum Völkermord werden uns noch lange im Alltag begleiten.