Meldungen aus dem Landesverband Bremen
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Das Schicksal sowjetischer Kriegstoter in Bremen!

Kurzbericht zu den aktuellen Ausgrabungen in Bremen-Oslebshausen

Ausgrabungsarbeiten an der Reitbrake in Bremen-Oslebshausen Foto: Dany Handke

Was ist der sogenannte „Russenfriedhof“?

Im Bremer Stadtteil Oslebshausen wird seit Sommer 2021 durch die Landesarchäologie ein ehemaliger Friedhof sowjetischer Kriegsgefangener, Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern untersucht. Dieser Friedhof wurde 1941 eingerichtet und bis Kriegsende genutzt.

Bereits 1948 wurde durch die verantwortliche Bremer Behörde in Absprache mit den Alliierten die Exhumierung der sterblichen Überreste beschlossen. Laut den damaligen Unterlagen wurden 1948 über 440 Kriegstote dort geborgen und auf die zentrale Kriegsgräberstätte des Osterholzer Friedhofes in Bremen in ein anonymisiertes Massengrab umgebettet.

Warum finden heute dort Ausgrabungen statt?

Heute ist das Gelände eine industrielle Brachfläche, es liegt am Rande eines Industriegebietes und direkt neben mehreren Eisenbahngleisen.

Obwohl eine kleine Gedenkstätte am Eingang der Straße Informationen zur Geschichte des Ortes gibt, war diese weitestgehend in Vergessenheit geraten. Erst im Zuge der Planungen für eine Bebauung mit einer Bahnwerkstatt wurde das Gelände ab Anfang 2021 wieder genauer betrachtet.

Untersuchungen ergaben, dass im Zweiten Weltkrieg sogar bis zu 750 Tote dort bestattet worden sein könnten. Deshalb wurde die Landesarchäologie mit der gründlichen Untersuchung des Geländes beauftragt. Ziel ist es dabei zu überprüfen, ob die 1948 stattgefundenen Umbettungen vollständig waren oder dort noch sterbliche Überreste zurück geblieben sind.

Welche Funde gibt es aktuell?

Nachdem es bei den Ausgrabungen seit Mitte 2021 zunächst zu Streufunden einzelner Knochen und dem Fund von Erkennungsmarken kam, hat sich die Lage inzwischen geändert.

Direkt vor den Weihnachtsfeiertagen 2021 wurde das erste vollständige Skelett entdeckt, das inzwischen geborgen wurde. Inzwischen wurden aber auch mehr als zehn weitere vollständige Skelette entdeckt. Außerdem wurden rund 80 Erkennungsmarken gefunden. Die Ausgrabungsarbeiten dauern aktuell weiter an.

Was passiert mit den Funden?

Die Bremer Senatskanzlei beabsichtigt alle Funde auf die Kriegsgräberstätte auf dem Osterholzer Friedhof umzubetten. Ziel ist es den Opfern dadurch eine würdige Begräbnisstätte zu geben und gleichzeitig würde eine Zusammenführung mit den bereits 1948 umgebetteten sterblichen Überresten sichergestellt.

Die Senatskanzlei steht dazu in Verbindung mit den diplomatischen Vertretungen Russlands und der Ukraine, die den o. g. Plänen bisher auch uneingeschränkt zustimmen.

Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte hat seine Absicht bekundet, im Zuge der Umbettungen auf dem Osterholzer Friedhof, zusätzlich eine „größere“ Gedenkstätte für die Opfer des Vernichtungskrieges im Osten zu verwirklichen.

Welche Meinung vertritt der Volksbund?

Aus Sicht des Volksbundes ist nach jetzigem Kenntnisstand ein Status als Kriegsgräberstätte aufgrund der 1948 getätigten Beschlüsse und Umbettungen nicht gegeben.

Unabhängig von einer späteren möglichen Bebauung der Fläche, muss die Würde der Opfer im Mittelpunkt stehen. Demzufolge halten wir im Landesverband Bremen die Zusammenführung der aktuell gefunden sterblichen Überreste mit den bereits 1948 umgebetteten Kriegstoten für den richtigen Weg. Die Kriegsgräberstätten auf dem Osterholzer Friedhof würden die Ansprüche an eine würdevolle Ruhestätte in jeder Art und Weise erfüllen.

Ob und wie das Areal in Oslebshausen zukünftig bebaut wird, muss „unabhängig“ von den Funden nach Abschluss der Ausgrabungen entschieden werden.

Text: Matthias Sobotta

 

Weitere Informationen:

Weitere Informationen zu den Ausgrabungen in Oslebshausen erhalten Sie auch auf der Homepage des Volksbundes: www.volksbund.de/nachrichten/totenfunde-auf-industriebrache

Der Landesverband Bremen im Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge veranstaltet außerdem einen Vortrag zum Thema „Schicksal sowjetischer Kriegsgefangener“.

Dieser Vortrag durch Dr. Jörg Osterloh findet am 23. Februar 2022, 18:00 Uhr im Wall-Saal der Stadtbibliothek Bremen statt. Nähere Informationen zu diesem Vortrag finden Sie hier: Das Schicksal der sowjetischen Kriegsgefangenen 1941 bis 1945 | Stadtbibliothek Bremen (stabi-hb.de)